Reform der Fachmittelschule

Der LBG AG hat mehrfach Stellung bezogen zu der Reform der Fachmittelschule. Er begrüsst die Aufteilung des bisherigen Berufsfeldes Erziehung und Gestaltung in zwei gesonderte Berufsfelder Pädagogik und Gestaltung und Kunst. Der LBG AG freut sich, dass mit der Schaffung des im Aargau neuen Berufsfeld Gestaltung und Kunst mit einem Schwerpunkt in gestalterischen Fächern Jugendlichen eine Ergänzung zu den knapp verfügbaren Lehrstellen im gestalterischen Bereich geboten wird. Die Fachmatur Gestaltung und Kunst wird gestärkt.

Der LBG AG wehrt sich vehement gegen den Abbau des Angebots an gestalterischen Fächer im Berufsfeld Pädagogik, gegen ein Sammelfach «Gestalten und Werken» und die damit gemeinte Integration von technischen Inhalten ins Bildnerische Gestalten. Mit der Zusicherung von zusätzlichen, im Lehrplan verbindlich festgelegten Blockwochen im Berufsfeld Pädagogik hat der LBG AG eine Abfederung der massiven Kürzung erreicht.

Vertiefende Argumente gegen die Marginalisierung von gestalterischen Inhalten in der Fachausbildung der zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer sind hier untenstehend zu finden. Unter «Publikationen» finden sich auch diesbezüglich veröffentlichte Beiträge im Schulblatt der Kantone Aargau und Solothurn. 

  • Kürzung im gestalterischen Bereich der FMS Pädagogik

    Durch die FMS-Reform wird die Stundendotation im Bereich Gestalten des Berufsfelds Pädagogik essentiell gekürzt: während bisher zwei Jahre je eine Doppelstund BiG und eine Doppelstunde gestalterisches Werken unterrichtet wurde, halbiert sich nun dieser Umfang. Die Inhalte vom Bildnerischen und technischen Gestalten werden um die Hälfte gekürzt. Der angekündigte Abbau um einen Drittel im musischen Bereich trifft einseitig die gestalterischen Fächer, Musik bleibt im Umfang einer Doppellektion bestehen.

    Der Verlust für die Grundkompetenzen ist besonders für Lehrpersonen der Primar- und Unterstufe tiefgreifend: Diese drei bisherigen musischen Fächer Musik, Bildnerisches Gestalten und gestalterisches Werken verfügen über eigene Profile und stärken ganz verschiedene Kompetenzen, entsprechend werden sie auch von Spezialisten unterrichtet. Der Abbau spezifischer Kompetenzen kann in den anderen musischen Bereichen nicht aufgefangen werden und geht verloren.

    Fehlendes Fachwissen, das im musischen Bereich nur durch fachlich-praktische Erfahrungen erlangt werden kann, wird an der PH nicht mehr aufgeholt werden können, da die allgemeinbildende und praktische Ausbildung als abgeschlossen vorausgesetzt wird. Bereits heute beklagen die Dozentinnen und Dozenten an der PH in unserem Fachbereich einen feststellbaren Kompetenzschwund. Der künftige Berufsalltag der neuen Primarlehrpersonen ist sowohl im Kindergarten wie auch in der Primarschule geprägt von bildnerischem, musikalischem und technisch-gestalterischem Tun.

    Wir sind überzeugt von der Wichtigkeit, Kindern die Welt als haptisch-sinnlich, bearbeitbare und gestaltbare Realität zu zeigen, gerade in Hinblick zum zunehmend digitalen Erleben. Die dreidimensionale Vorstellungskraft, das räumliche Denken und angewandtes physikalisches Verständnis wird im handelnden Lernen aufgebaut und unterstützt diesbezüglich wesentlich die Hirnentwicklung.

    Die FMS-Reform schwächt insbesondere den Stellenwert des Bereiches Werken (TG). Wir stellen uns die Frage, wer in Zukunft an der PH eine Ausbildung für TG absolvieren wird? TG kommt am Gymnasium nicht vor und die künftigen Fachmaturanden / -maturandinnen erhalten nur noch einen marginalen Einblick in einen ganzen Fachbereich. Wir haben die berechtigte Befürchtung, dass sich dadurch kaum mehr Studierende kompetent und motiviert fühlen, in die didaktische Ausbildung einzusteigen. Ein Bildungsangebot von lediglich einer Jahresdoppellektion während der vierjährigen Mittelschulzeit ist zu wenig, um ein sinnvolles fachliches Fundament zu legen. 

    Der Fachbereich Bildnerisches Gestalten ist nicht bereit, das Berufsfeldfach nur auf dreidimensionale Kompetenzen auszurichten: zu wichtig sind uns Malerei, Drucktechniken, Fotografie und digitales Gestalten für angehende Lehrpersonen. Der fundierte Wechsel zwischen analogen und digitalen Welten, Verfahren und Medien erachten wir in Rahmen der Digitalisierung von Bildung, Leben und Gesellschaft als essentiell. Entsprechende Prozesse und Projekte brauchen in einem Curriculum genügend Zeit und Raum.

    Die Schülerinnen und Schüler der Volksschule haben ein Anrecht, von fachlich kompetenten Lehrpersonen unterrichtet zu werden. Nicht alle schlagen einen akademischen Weg ein. Es braucht auch an der Volksschule nach wie vor Infrastruktur und damit auch Lehrpersonen, die diese kompetent unterhalten können.

    Das BKS federt nun den Abbau ab durch das Sprechen von zwei zusätzlichen Vertiefungswochen «Gestalten» im Berufsfeld. Diese sollen inhaltlich im Lehrplan verankert werden. Die Ressourcierung der Vertiefungswochen sieht die Arbeit im ganzen Klassenverband vor.

  • Technisches Gestalten in Halbklassen

    In den vom BKS als Kompensation gesprochenen Vertiefungswochen im Berufsfeld Pädagogik sollen die TG-Kompetenzen vertieft werden. Der Unterricht soll im Klassenverband durchgeführt werden, Halbklassen sind nicht vorgesehen.

    Der LBG AG vertritt die Meinung, dass die Durchführung des TG-Unterrichts im Klassenverband nur möglich ist, wenn zwei TG-Lehrpersonen für die Vertiefungswoche zur Verfügung stehen. Nur so kann die Vermittlung der geforderten TG-Kompetenzen in Halbklassen – beziehungsweisen in an die spezialisierte Infrastruktur angepasste Kursgrössen – fachlich sowie sicherheitstechnisch gewährleistet werden.

    Die Infrastruktur der TG-Räume ist bezüglich Raumgrösse, Arbeitsplätze und Werkzeuge nur für Halbklassen ausgelegt. Die TG-Lehrperson kann ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen, wenn sich zwei Halbklassen in zwei unterschiedlichen Räumen (an unterschiedlichen Standorten) aufhalten. Im Klassenverband kann die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler nicht gewährleistet wäre. Das Unfallrisiko bei der Arbeit mit Maschinen steigt massiv.

    Selbststudium ist im Fach TG nicht möglich. Inhalte, Materialien und Verfahren müssen in entsprechender Infrastruktur in Begleitung eingeführt und eingeübt werden. Selbststudium als Ersatz für regulären und von Lehrpersonen durchgeführter Unterricht ist generell an Mittelschulen nicht vorgesehen.

    Designprozesse folgen einer fachlich-handwerklichen Logik: die einzelnen Phasen durchlaufen die Schülerinnen und Schüler hintereinander. Entwurfs- und Ausführungsphase können nicht beliebig getauscht werden. Designprozesse werden in Bezug auf Formentwicklung, materialgerechte Realisierung und technische Umsetzung immer individuell begleitet und betreut. Eine fachlich fundierte und sicherheitstechnisch angemessene Betreuung einer ganzen Klasse durch eine einzelne Lehrperson ist nicht möglich (analog zur Arbeit in naturwissenschaftlichen Labors).

    Neben der Gewährleistung der Sicherheit der Schülerinnen und Schüler geht es auch um die Gesundheit von TG-Lehrpersonen: Die Betreuung einer ganzen Klasse in verschiedenen Räumen (an verschiedenen Standorten) über eine Woche  ist nicht zumutbar. 

  • kein Sammelfach «Gestalten und Werken»

    Die vom Departement im August 21 vorgelegte Stundentafel sieht für das Berufsfeld Pädagogik das Fach «Gestalten und Werken» vor (eine Doppelstunde pro Woche).

    Der Begriff «Gestalten» ist einerseits eine fachliche Sammelbezeichnung für eine Gruppe von eigenständigen Fächern wie Bildnerisches Gestalten, Technisches Gestalten (Werken), Textiles Gestalten und andererseits ein übergeordneter Sammelbegriff für ganz unterschiedliche Teilfachbereiche wie z.B. Typografie, Grafik, Malerei, Fotografie, Film u.v.m.. Dass im neuen Fachtitel der übergeordnete Sammelbegriff «Gestalten» und eines der untergeordneten Fächer (Werken) zugleich genannt werden, macht keinen Sinn.

    Der Lehrplan 21 benennt zwar in der Übersicht den Fachbereich Gestalten, unterrichtet werden aber auf allen Stufen der Volksschule immer sowohl «Bildnerisches Gestalten» als auch «Technisches und Textiles Gestalten» in je 2L-Unterrichtsgefässen (mit Ausnahme der 3. Bez/3.Sek, wo eine Wahlpflicht besteht). Es handelt sich dabei um zwei Fächer mit eigenständigen Lehrplänen und mit einer eigenständigen Fachtradition und -geschichte. Der Lehrplan 21 lädt keinesfalls dazu ein, aus dieser übergeordneten Fachbereichsbezeichnung «Gestalten» abzuleiten, die Fächer «Bildnerisches Gestalten» und «Technisches und Textiles Gestalten» könnten zu einem Fach zusammengelegt werden. Dies wäre ein absolutes Novum in der Bildungslandschaft. Auch auf der Stufe der PH-Ausbildungen wird Fachdidaktik Bildnerisches Gestalten ODER bzw. UND Technisches und Textiles Gestalten angeboten, auch wenn diese Fachdidaktiken unter dem gemeinsamen Dach der Ästhetischen Bildung stattfinden.

    Aufgrund der Bestrebungen des LBG AG wird die Fachbezeichnung nun in «Bildnerisches und Technisches Gestalten» umbenannt. Es liegt aktuell noch keine diesbezüglich korrigierte Stundentafel vor.